Erfahrungsbericht: Bachelor Bekleidungstechnik & Master Textil- und Bekleidungsmanagement an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen
Nikola bringt sehr viele akademische Erfahrungen mit. Nachdem sie den Bachelor Bekleidungstechnik erfolgreich absolviert hatte, entschied sie sich mit dem Master Textil- und Bekleidungsmanagement an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen noch einen Abschluss draufzusetzen.
Um internationale Erfahrungen zu sammeln, hat sie während des Bachelorstudiums ein Semester an der Partnerhochschule TU Liberec in Tschechien verbracht und im Rahmen des Masterstudiums war sie u.a. zwei Semester an der University of Borås im Studiengang Applied Textile Management und hat dort für ihren Doppel-Master-Abschluss die erste Master-Thesis erfolgreich geschrieben.
Wir waren sehr gespannt auf Ihre Erfahrungen mit diesem technischen Studium und freuen uns, dass sie sich für Mode-Studieren.de die Zeit für einen Erfahrungsbericht genommen hat.
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Erfahrungsbericht von Nikola
Hallo Nikola, vielen Dank, dass du uns ein paar Fragen zu deinem Bachelor- und Masterstudium beantwortest. Wie kamst du nach der Schulzeit zu dem Entschluss, einen technischen Studiengang wie Bekleidungstechnik zu studieren?
Zwischen Abi und Studium habe ich zuerst bei W.L.Gore & Associates GmbH eine kaufmännische Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht. In dieser Zeit war es mir möglich, einige Wochen im R&D-Labor und der Qualitätssicherung zu verbringen. Hier arbeiteten ein paar Werkstudenten, die ich über ihr Studium „ausgefragt“ habe. Erst da kam mir der Gedanke, etwas mit Textil zu studieren und erst dort wurde ich über die Studiengänge Bekleidungstechnik sowie Textiltechnologie aufgeklärt. Ich fand das sehr spannend, also bewarb ich mich um einen BKT (=Bekleidungstechnik)-Studienplatz.
Warum hast du dich dann letztendlich für dein Bachelorstudium Bekleidungstechnik für die Hochschule Albstadt-Sigmaringen entschieden?
Es gibt mehrere Möglichkeiten Bekleidungstechnik zu studieren, z.B. in Mönchengladbach, in Berlin und eben in Albstadt-Sigmaringen. Textiltechnik kann man z.B. in Reutlingen oder Hof studieren. Aber irgendwie dachte ich mir, dass ich mit Bekleidung mehr anfangen kann. Mönchengladbach hat mir von der Lage her nicht so gefallen, weil ich kein Ruhrgebiet-Fan bin, Berlin war mir irgendwie als Hochschule zu groß, da dachte ich „ich bin nur wieder eine Nummer unter vielen“ und daher entschied ich mich für Albstadt.
Der Campus Albstadt ist sehr klein und auch die Stadt Albstadt ist eher ein schwäbisches Örtchen mit mehreren kleinen Orten, die zusammen gehören. Ich dachte mir damals: „Je kleiner, desto weniger ist geboten und man studiert schneller“. Gerade der Bachelor-Studiengang BKT ist mit max. 30 Leuten auch sehr beschaulich. Jeder kennt jeden, kurze Wege und man weiß, wen man in der Verwaltung fragen kann, wenn´s Probleme gibt. Mir war das sehr Recht, denn ich hatte vor ins Ausland zu gehen. Und: Kleine Uni = weniger Anmeldungen für ein Auslandssemester und mehr Chancen einen Platz zu erhalten. Da waren viele Punkte Ausschlag gebend.
Kannst du uns ein paar Einblicke in dein Bachelorstudium geben? Was waren die Studieninhalte und typische Vorlesungsfächer? Welche Schwerpunkte konntest du wählen bzw. setzen? War das Studium sehr praktisch angelegt?
Bekleidungstechnik könnte man so erklären: Es ist ein sehr breitgefächertes Studium mit ca. 50 % technische Fächer und 50 % Bekleidungsspezifische Fächer, teils theoretischen und teils sehr praktischen Fächern.
Der Studiengang Bekleidungstechnik dauert in Albstadt 7 Semester, inkl. eines Praxissemesters und inkl. der Bachelor-Thesis. Natürlich haben viele diese Arbeit noch hinten angehängt, aber die Zielstrebigen haben das in den 7 Semestern durchgezogen. Das ist durchaus machbar und so habe ich das auch gemacht.
Bekleidungstechnik könnte man so erklären: Es ist ein sehr breitgefächertes Studium mit ca. 50 % technische Fächer und 50 % Bekleidungsspezifische Fächer, teils theoretischen und teils sehr praktischen Fächern. Da der Bachelor of Engineering angepeilt wird, muss man in den ersten beiden Semestern unter anderem Physik, Mathe und Chemie absolvieren, um weiter zu kommen.
Im Bachelor wird nicht mehr in „Grund-„ und „Hauptstudium“ unterteilt, eher in Bachelorvorzeugnis (die ersten beiden Semester) und das Hauptstudium. Das Bachelorvorzeugnis nutzt man dann zum Bewerben für das Praxissemester, was man natürlich in einem Betrieb macht. Das Praxissemester ist das 5. BKT-Semester. Man kann in alle möglichen Richtungen gehen, z.B. Mode, Bekleidung, Handel, Schuhbranche, Automobil usw. man hat sehr viele Möglichkeiten, kümmert sich aber auch eigenständig um seine Stelle.
Im 4. Sem. hat man auch die Möglichkeit, so wie ich ins Ausland zu gehen. Vorausgesetzt, dass das 4. Sem. auf ein Wintersemester fällt. Ansonsten kann man das 4. und 5. Semester auch einfach auf Antrag „tauschen“. Ich habe zuerst mein Praxissemester gemacht und war dann an unserer Partnerhochschule in Tschechien.
Im Hauptstudium setzt man seinen Schwerpunkt entweder auf Management oder Strick. Ich habe mich für Management entschieden, da ich noch mehr Background in Finance, BWL und Controlling haben wollte und Strick mir nicht so sehr lag.
Folgende theoretische Fächer müssen in den unterschiedlichen Semestern durchlaufen werden:
Bekleidungsmaschinen, Arbeitswissenschaften I-II, Qualitätsmanagement I-II, Technische Textilien, Recht, Rechnungswesen, Informatik, Statistik, Logistik, PPS (Produkt Planung und Steuerung), Textile Werkstoffe I-III, Textilchemie, Marketing, Managment
Folgende praktische Fächer müssen absolviert werden:
Bekleidungskonstruktion händisch und mit 2D-CAD, Produktgestaltung, Kollektionsgestaltung, Stricktechnisches Praktikum und industrielle Fertigung an den Industrienähmaschinen im Nählabor (jedes Semester gibt es einen anderen Näh-Schwerpunkt, z.B. Hemd, Bluse, Kleid, Unterwäsche/Bademode, Hose, Blazer/Anzug), Textilprüfung und Textilveredelung im Labor
Ich finde die Vorlesungen eine sehr gute Mischung aus allem, und man nimmt von jeder Vorlesung immer irgendwas mit, was man später im Betrieb brauchen kann. So geht es mir zumindest.
Nach dem Bachelor sollte für dich ja noch nicht Schluss sein mit der akademischen Bildung und daher hast du den Master in Textil- und Bekleidungstechnik begonnen. Wieso hast du dich für diesen Studiengang entschieden?
Ich dachte mir, wenn ich nach dem BA erst mal arbeite und mir dann irgendwann überlege, meinen MA noch nach zu holen, mach ich das eh nicht. Wer schon mal viel Geld verdient hat und in einer Firma drin ist, kündigt nicht so schnell wieder. Daher dachte ich mir, ich mache sofort den Master im Anschluss, denn
- bin ich im Lernen noch drin,
- kann ich nochmal ein Auslandssemester machen,
- kann in meinen Semesterferien nochmal in anderen Firmen arbeiten
- kann ich nochmal in einer Firma meine Master-Thesis schreiben und noch eine neue Richtung „testen“ und
- habe ich dann den höchst möglichsten Abschluss. (außer man macht noch einen PHD oder Doktor, aber das stand für mich nie zur Debatte)
Bist du so nett und lässt uns auch in diesen Master hineinschauen? Was sind hier die Vorlesungsinhalte im Vergleich zum Bachelorstudium? Auf welche Aufgabenfelder wird man vorbereitet?
Da der Master ein managementlastiger Studiengang ist und mit dem Titel M.Sc. abschließt, hat man auch mehr Fächer die in diese Richtung gehen und manche auf Englisch.
Der Master in Textil-und Bekleidungsmanagement mit dem Abschluss Master of Science (M.Sc.) dauert an der Hochschule Albstadt 3 Semester. Es gibt diverse Hochschulen bei denen der Bachelor 6 Sem. und der Master 4 Sem. dauert, aber das ist von Uni zu Uni unterschiedlich. Gesamt dauert jeder Bachelor und Master immer 10 Semester, und man erreicht in Deutschland somit 300 ECTS Punkte (mit denen man nun promovieren könnte, wenn man möchte).
Der Master hat zwei Theorie Semester, und ein Master-Thesis Semester. Im zweiten Theorie-Semester hat man die Möglichkeit nochmal ein Auslandssemester zu machen und so habe ich das auch gemacht.
Der Ablauf ist folgendermaßen: Der Master beginnt in Albstadt sowohl im Winter- als auch Sommersemester. Die Semester bauen nicht aufeinander auf, von dem her ist es gleich womit und wann man beginnt. Ich habe das 1. Theorie-Semester in Albstadt absolviert, bin dann für meinen Doppelmaster nach Schweden gegangen. Das Wintersemester in Schweden wurde mir ganz normal als „Auslandssemester“ an meiner Hochschule angerechnet und das Sommersemester habe ich dann einfach noch dran gehängt, damit ich in Schweden den 1-Jahres-Vollzeit-Master fertig machen kann und schon mal den ersten Teil meines Doppelmasters in der Tasche habe. Jetzt im Wintersemester 2010/2011 schreibe ich an meiner zweiten Masterarbeit für die Hochschule Albstadt, die ich auch in einer Firma anfertige. Ich bin immer neugierig auf neue Firmen und Richtung, drum wollte ich nochmal eine extra Arbeit anfertigen. Es gibt aber die Möglichkeit die erste Thesis mit Inhaltspunkten zu erweitern und diese dann in Deutschland anrechnen zu lassen. Dies kam für mich jedoch nicht in Frage.
Ich habe im Grunde nun aus 3 Master-Semester, 4 gemacht, aber was ist schon ein halbes Jahr in deinem ganzen Leben. Danach fragt hinterher keiner mehr. Das war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.
Zu den Fächern:
Der Master unterscheidet sich schon sehr vom Bekleidungstechnik Bachelor. Da der Master ein managementlastiger Studiengang ist und mit dem Titel M.Sc. abschließt, hat man auch mehr Fächer die in diese Richtung gehen und manche auf Englisch.
Folgende Fächer muss man durchlaufen um an sein Ziel zu gelangen:
Marketing-Mix-Management, 3D-CAD Konstruktion, ERP-Systeme und ERP-Systeme im Labor, IT-Projektmanagement, Marktforschung, Innovative Bekleidungssysteme im Bereich der Technischen Textilien, Herstellung und Verarbeitung Technischer Textilien, International Finance and Controlling, Qualitätsmanagement in der Forschung und Entwicklung, International Communications und eine Fremdsprache als Wahlfach.
Du hast vor dem Interview angedeutet, dass du erst einmal nicht in der Modeindustrie arbeiten wirst, sondern im Bereich Medizintechnik. Ist diese breite Aufstellung des Studiengangs ein großer Vorteil für die Studierenden und Absolventen?
Das Gute dabei ist, das jeder seinen Schwerpunkt hat, und man nicht sehr viel Konkurrenz zu erwarten hat.
Ja auf jeden Fall! Alle Fächer bereiten einen mehr oder weniger auf das selbstständige Denken und Arbeiten vor und von allem ist etwas dabei. Der eine vertieft dies, der andere das. Bei jedem meiner Mitstudenten hat sich im Laufe des Studiums ein anderer Schwerpunkt heraus kristallisiert. Die einen machen mit der Promotion weiter, anderen sind in Forschungsinstitute wie Hohenstein oder Denkendorf gegangen. Wieder anderen haben sich für Strick (z.B. Bogner, März) entschieden und arbeiten im Modesektor und wieder andere sind in die Automobilbranche, Sensorik, Filtration oder so wie ich in der Medizintechnik gelandet. Das Gute dabei ist, das jeder seinen Schwerpunkt hat, und man nicht sehr viel Konkurrenz zu erwarten hat.
Zum Schluss würden wir auch gerne etwas über die Studienatmosphäre an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und deine besten und vielleicht weniger guten Erfahrungen erfahren. Welche Erfahrungen überwiegen?
Es ist immer von Vorteil, wenn man nicht nur „eine Nummer von vielen ist“ sondern die Leute kennt, von denen man evtl. etwas braucht.
Ich denke die Studienatmosphäre war überwiegend positiv und gut. Im Prinzip ist studieren in Albstadt eher wie in der Schule, denn man hat „kleine Klassen“ und einen „Stundenplan“. Natürlich heißt das hier kleines Semester und Vorlesungsplan aber es ist sehr ähnlich. Ich hatte immer ein super Semester und tolle Leute die sich gegenseitig nicht als Konkurrenz sondern Team gesehen haben. Ich fand es immer verschwendete Zeit sich an der Uni seinen Vorlesungsplan erst ewig vorher zusammen zu stellen. Das hier war einfach nur praktisch und man bekommt eine feste Struktur in seinen Studienalltag. Es gibt natürlich nicht nur „einfache und leichte Fächer“ das kann ja auch nicht sein, wenn man so einen Abschluss anpeilt.
Naja was ist negativ, wenn man Bekleidungstechnik studiert, ist das halt nicht nur das „kreative Modedesign“ was viele denken, wenn sie nach Albstadt kommen. Es ist 50% Kreatives, Praktisches und 50% Technik, sprich auch Mathe, Physik, Info, Statistik usw. da muss man durch und auch ich habe Mathe II gleich zweimal geschrieben, weil es einfach nicht zu meinen Lieblingsfächern gehört. Im ganzen Studium sind Mathe, Physik Textilchemie und Technische Textilien die Fächer, in denen die meisten Leute durchfallen und das mehrmals schreiben müssen. Einige scheitern in den ersten beiden Semestern leider daran. Man muss sich einfach reinhängen und konzentrieren, aber an solchen heftigen Prüfungen wächst man. Sein künftiges Arbeitsleben wird auch nicht immer einfach sein.
Albstadt ist eine sehr kleine Stadt in der Zollern-Albregion und unterscheidet sich gewaltig von Großstädten wie München. Für mich war das schon eine riesige Umstellung, aber anders gesagt, war ich auch froh, dass ich nicht tausend Cafés und Kneipen wie z.B. in München hatte, wo man ständig weg geht. Man studiert hier einfach zielstrebiger und schneller, weil jeder sein Ziel sieht. Im Bachelorstudium war einem das eh nicht oft möglich überhaupt eine Auszeit zu nehmen, denn die Vorlesungen verlangen einem schon sehr viel ab. Da ist auch mal Nachtarbeit für ein Projekt angesagt, aber das bereitet einen meiner Ansicht nach nur auf das Arbeitsleben vor und Teamarbeit ist ja das A und O im Arbeitsleben, so auch in den Projekten an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.
Da die Hochschule Albstadt sehr klein ist, kennt jeder jeden. Vor allem aber kennt man die Professoren, die Sekretärinnen in der Verwaltung und die Verwaltungsmitarbeiter persönlich. Es ist immer von Vorteil, wenn man nicht nur „eine Nummer von vielen ist“ sondern die Leute kennt, von denen man evtl. etwas braucht.
Nikola, vielen Dank für deine ausführlichen und offenen Antworten. Wir wünschen dir viel Erfolg auf deinem zukünftigen Berufs- und Karriereweg.